Marienhospital

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Das Marienhospital, das heute zum Städtischen Altersheim gehört, war eines der sieben Hospitäler, die es in der Stadt zur Versorgung alter verarmter Menschen gab. Baubeginn des Gebäudes war 1790. Es wurde auf zwei „wüsten Hausplätzen“ erbaut, die der Stadt 1782 zugefallen waren. Das Haus hatte als Hospital in seinen zwei Stockwerken 26 Räume, war also für die Beherbergung von 36-40 unbemittelten Personen bestimmt. Sie bekamen außer freier Wohnung und Feuerung eine Geldunterstützung und konnten einen Teil des Gartens mitbenutzen. Hier wurde hauptsächlich Gemüse zum Eigenbedarf angebaut.

Das Hospital trägt den Namen der dänischen Königin Marie, Gemahlin Friedrichs VI. Sie war eine Tochter des hiesigen Statthalters Landgraf Carl von Hessen und war erst kurz zuvor mit Friedrich vermählt worden, als sie am 8. Sept. 1790 den Grundstein legte.

Das Gespenst
Gegen Abend schlich an den Häusern entlang eine Gestalt in einem hellgrauen, fast weißen Mantel, mit fünf bis sechs Kragen übereinander, wie man sie damals trug. So wie sie sich zeigte, hörte man von allen Seiten den Ruf : „Gespenst, Gespenst !“. Das Gespenst stand dann still und sagte in hohlem Ton langsam eine ganze Reihe Schimpfworte her, die stets in regelmäßiger Folge wiederkehrten, worauf es seinen Weg fortsetzte, um nach einigen Schritten wieder dieselbe Rede zu halten. Der Anfang derselben war stets : „Generalregimentspöbelzeug und Rabenvieh.“ Das Gespenst führte den für ein Gespenst eigentlich wenig passenden bürgerlichen Namen „Petersen“, war in seinem Berufe nach Advokat und bewohnte als Armenalumne das Marienhospital. Die Vergangenheit dieses Mannes wäre ohne Zweifel in psychologischer Hinsicht interessant gewesen, doch habe ich nie etwas darüber erfahren können.
Der Genannte war der vollständigste Menschenfeind, den man sich denken kann. Im Marienhospital wandelte er stumm wie ein Trappist umher; nur seine Schimpfreden unterbrachen gelegentlich diese Stille.
Auch in dem Kaufmannsladen, wo er seine Bedürfnisse bezog, sprach er nur so viel, als notwendig war, um seiner Wünsche auszudrücken. Er pflegte hier 4 verschiedene Teile für 1 Schilling (soviel wie 8 Pfennig) zu kaufen, ein Handel, bei dem der Kaufmann natürlich nicht reich werden konnte. Als der Käufer nun einst auf diesen Handel sich auch noch etwas Lakritzen erbat, und der Kaufmann ihm begreiflich machen wollte, daß er so wie so nichts bei dem Handel verdiente, nahm das Gespenst seine 4 Teile und wandte sich zum Gehen, warf aber dem Kaufmann einen vernichtenden Blick zu und verschwand mit dem Wort : „Blutsauger.“
Den Namen „Gespenst“ führte dieser alte Einsiedler nicht seiner gespensterartigen Erscheinung wegen, sondern aus einem anderen Grunde. Zu seinen Eigentümlichkeiten gehörte auch, daß kein menschlicher Fuß seine Schwelle übertreten durfte. Einst machten in der Apotheke, die dem Fenster seines Zimmers gegenüberlag, einige junge Leute sich den Spaß, mittels einer Laterna magica eine Figur an der Wand seines Zimmers erscheinen zu lassen. Von Entsetzen ergriffen, stürtze er sich auf die Straße mit dem Geschrei : „Ein Gespenst, ein Gespenst !“
Wo er sich nun nach diesem Vorfall sehen ließ, hieß es : „Ein Gespenst, ein Gespenst,“ sodaß dieses Wort schließlich sein Beiname wurde.
Wahrscheinlich gehörte er zu den Leuten, die den Kampf des Lebens nicht auszukämpfen vermögen, an der Menschheit verzweifeln, schließlich die Flinte ins Korn werfen und sich in einem Winkel verkriechen, um nichts mehr von der Welt zu sehen und zu hören.

Aus dem Werk „Erinnerungen eines alten Schleswigers“ von C.N.Schnittger, das erstmals 1890/91 als Buch erschienen.

Schlüsselwörter:
Schleswig

GPS-Koordinaten:
54.513454,9.570694
Süderdomstraße 1, 24837 Schleswig

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