Möweninsel
Jürgensburg, Juriansburg oder Möwenburg
Einst beherschte die Jürgensburg (auch Juriansburg oder Möwenburg) von der Möweninsel aus die Schifffahrt auf der Schlei, doch das ist lange schon Geschichte. Erbaut wurde sie von dem Schleswiger Jarl und späteren Herzog Knud Lavard um 1100. Bis zum Umzug auf Schloss Gottorf 1268 war die Burg Herzogssitzes. Danach wurde die Anlage als Staatsgefängnis genutzt, bis sie dann endgültig aufgegeben wurde.
Heute zeugen nur noch einige rechtwinklige Hügel, die Pfosten der alten Brücke und eine alte Sage von deren Existenz:
"Die gelbe Blume"
Die Möweninsel ist König Abels Schloß in Schleswig, wo der Verrat an seinem Bruder Erich geschah, ist spurlos verschwunden. Doch findet man auf dem Möwenberg unter dem Grase noch alte Kellermauern; hier liegen seine Schätze. Man hat da nachts Lichter und Flämmchen erblickt, und Schatzgräber haben da oft ihr Glück versucht. Aber niemand ist noch zu den großen Schätzen gekommen.
Einmal aber in einer Nacht ging ein Mann an der Schlei herauf, und wie er aufblickte, sah er auf dem Möwenberg ein helles Leuchten. Neugierig und erstaunt über das Wunder, folgte er dem Scheine. Er merkte endlich gar nicht, dass er über das Wasser ging und dass es unter seinen Füßen wie Eis hielt. Das Leuchten wurde immer heller und heller, bis er vor einem nie gesehenen großen Schlosse stand. In dem Schloßhof aber sah er eine wunderbare gelbe Blume, die vor allem leuchtete und den Glanz verbreitete. Er brach sie ab und ging damit näher zum Schlosse. Erst ging er rundherum, dann trat er ein.
In dem Schlosse aber fand er alle Türen verschlossen; sobald er aber die Blume daran hielt, sprangen sie auf. Er ging so durch alle Gemächer; eines war immer herrlicher als das andere. In dem letzten fand er endlich ein prächtiges Mahl angerichtet, und nachdem er sich niedergesetzt und nach Herzenslust gegessen und getrunken hatte, stand er auf und wollte wieder gehen. Da rief ihm eine Stimme zu: „Vergiss das Beste nicht!“ Er sah sich um und erblickte niemand. Unter all den Kostbarkeiten aber, die auf dem Tische standen, deuchte ihm nichts schöner als ein großer silberner Becher von gar künstlicher Arbeit.
Da rief es zum zweiten Male: „Vergiss das Beste nicht!“ Aber er langte nach dem Becher und wollte fortgehen. Da rief es zum dritten Male: „Vergiss das Beste nicht!“ Er sah sich noch einmal im Saale um; aber da er nichts Schöneres fand, behielt er den Becher und ging damit über das Wasser nach der Stadt zu. Als er nun auf dem Lande sich umwandte, waren das Schloß und alle seine Herrlichkeiten verschwunden, und nie hat er es wieder gesehen. Erst nach hundert Jahren blüht in einer Nacht die gelbe Blume wieder, und ein Glücklicher kann das Schloß erreichen und öffnen. Den Becher aber behielt der Mann, und der ist nachher in die Silberkammer auf Gottorf gekommen, wo alte Leute ihn noch gesehen haben. Die Sachen sind dann alle nach Kopenhagen gebracht worden.
Quelle: Karl Müllenhoff: Sagen, Märchen und Lieder der Herzogthümer Schleswig, Holstein und Lauenburg. Kiel 1845, S. 369-370. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20005410061
Schlüsselwörter:
Schleswig
54.508403,9.562529
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